Wo bist du, João Gilberto?

In der Dokumentation „Wo bist du, João Gilberto?“ begibt sich Georges Gachot auf die Spuren von João Gilberto, den „Gründervater“ des brasilianischen Bossanova. Inspiration in Form einer regelrechten Reiseanleitung erhält er dabei aus dem Buch „Hobalala“ des Journalisten Marc Fischer, einem großen Fan Gilbertos. Fischers Roman handelt von seiner fast schon obszessiven Suche nach seinem Idol, der fest mit der brasilianischen Mentalität verbunden ist.

Wo bist Du, Joao Gilberto?
Dauer: 106 Min.
Jahr:
Regie: Georges Gachot
Produzenten: Georges Gachot, Pierre-Olivier Bardet, Andreas Atzwanger, Christoph Menardi, Torben Struck
Hauptdarsteller: Marc Fischer, Roberto Menescal, João Donato
Nebendarsteller: Georges Gachot, Geraldo Miranda, Marcos Valle
Studio: Farbfilm Verleih / Lighthouse Home Entertainment
Sprachen: Deutsch

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Jene Suche wird nun von Gachot zu neuem Leben erweckt, der sich von Fischers Werk leiten lässt. Gachot reist nach Brasilien und taucht ein in die Welt des Bossanovas. Begleitet von Monologen Gachots werden sowohl Zeitzeugen Gilbertos, als auch „einfache Menschen“ interviewt, die er auf seiner Reise trifft, und die seine Leidenschaft für die brasilianische Musik teilen.

Besetzung, Regie und Drehorte

Marc Fischer, der Autor des Buches Hobalala, das die Inspiration zu Gachots Film „Wo bist du, João Gilberto?“ bildet, nahm sich nur eine Woche vor Veröffentlichung seines Buches das Leben. Der französisch-schweizerische Filmemacher (und ebenfalls Musikliebhaber) Georges Gachot nahm sich seines Werkes an, führte Regie und schrieb zusammen mit Paolo Polini das Drehbuch.

Abgeschlossen wurde der Film 2018. Gedreht wurde an Originalschauplätzen aus Gilbertos bewegendem Leben: dazu reiste Gachot durch Brasilien und macht Halt im berühmten Ipanema (welches durch Gilbertos Song „The Girl from Ipanema“ an Bekanntheit gewann) oder an der Copacabana. Neben den Interviews und Monologen von Gachot werden selbstverständlich auch Archivaufnahmen von Marc Fischer und natürlich von João Gilberto herangezogen, die uns im Laufe der Dokumentation die Welt des Bossanovas näherbringen.

Handlung & Inhalt vom Film „Wo bist du, João Gilberto?“

Fischer nannte sein Buch kurz und knapp Hobalala, benannt nach Gilbertos berühmten Song, der wie kaum ein anderer das Gefühl des Bossanovas zum Ausdruck bringt. Fasziniert von den für unsere Ohren oft leichten, dann wieder melancholischen Klängen der brasilianischen Musik war nicht nur Fischer, sondern auch Regisseur und Musikliebhaber Gachot, der sich nun auf Fischers Spuren begibt und nach Brasilien reist.

Fischer schrieb in Hobalala wiederum über seine ganz persönliche Suche nach João Gilberto. Dieser zog sich die letzten 30 Jahre aus der Öffentlichkeit zurück, sodass die Suche zunächst eher einer Detektivarbeit gleicht, der sich nun Gachot widmet um Fischers großen Traum – einmal seinem musikalischen Idol João Gilberto zu begegnen – ein Stück näherkommt. Im Grunde spielen hier also gleich mehrere Protagonisten eine Rolle.

1958 entstand durch Gilbertos Musik – einer Mischung aus Samba und Jazz samt charakteristischem Rhythmuswechsel, ein völlig neues Genre – der Bossanova, was übersetzt so viel wie „neuer Trend“ bedeutet. Keine andere Musik beschreibt das Gefühl der jüngeren brasilianischen Mentalität besser, das nicht nur musikalisch, sondern auch von sozialen Protesten und Aufständen gegen die damalige Militärdiktatur unter Branco und Costa, der Unterdrückung der Bevölkerung und den studentischen Aufständen der später Sechziger Jahre geprägt war.

Gachot entdeckt auf seiner Suche nach Gilberto so einige Parallelen zwischen sich und Fischer, und interviewt sowohl brasilianische Bekannte Fischers als auch Musikerkollegen Gilbertos. Darunter auch Caetano Veloso, der „aus erster Hand“ über Gilbertos Einfluss auf die MPB – Musica Popular Brasileira berichtert. Gachot mischt sich jedoch auch unters Volk und lässt auf seiner Reise die „einfachen Leute“ zu Wort kommen, die seine Leidenschaft für den Bossanova teilen.

Im Laufe des Films wird deutlich, dass Gilberto nicht nur aufgrund seiner Musik eine so bedeutende Rolle für Brasilien spielt: zwar initiierte Gilberto mit dem Bossanova eine ästetische Revolution, diese geht jedoch weit über das Musikalische hinaus und verband sich untrennbar mit dem damaligen gesellschaftlichen Umfeld Brasiliens – weit mehr als nur musikalische Ästhetik also! Wer den Bossanova verstehen will, der muss also auch in die jüngere brasilianische Geschichte eintauchen. Und auch der Erzähler merkt bald, dass sich die Schönheit Brasiliens mit all seinen Kontrasten, die Musik samt seiner Suche nach Gilberto nur schwer mit den eigenen Impressionen und Gedanken trennen lässt – ein „Selbstfindungstrip“ im Namen des Bossanovas und unter der Sonne Brasiliens entsteht.

Fazit & Kritiken zum Film „Wo bist du, João Gilberto?“

Lange Kameraeinsteillungen im Film „Wo bist du, João Gilberto?„, die sowohl von den Monologen Gachots als auch Fischers begleitet werden, machen die Doku zu einem persönlichen Reisebericht und einer Hommage nicht nur an Gilberto selbst, sondern an den ganz eigenen, brasilianischen Lifestyle. Immer schwingt eine leichte Melancholie mit, die durch den Suizid des Autors eine zusätzliche Ebene erhält. Und auch Gachot stellt sich auf den Spuren Fischers und Gilbertos die eine oder andere existenzielle Frage.

Die weiten Aufnahmen berühmter Orte Brasiliens – allen voran der Copacabana, Rio de Janeiros oder dem berühmten Ipanema, verstärken das Fernweh-Gefühl, und man möchte selbst eintauchen in die Welt des Bossanovas und seinen melancholischen Klängen, die trotz allem immer nach Sehnsucht und Leben klingen. Die Leidenschaft Gachots und Fischers hilft dabei, auch als „Außenstehender“ ein Gefühl davon zu bekommen, was den Bossanova so unwiderstehlich macht.

Dabei wird auch die kulturelle Bedeutung des Bossanovas für das brasilianische Lebensgefühl verdeutlicht, wobei sich Gachots Reise zu weit mehr als nur „reiner Detektivarbeit“ nach João Gilberto entwickelt. Bald wird klar: Gilberto ist überall und lebt weiter in der brasilianischen Mentalität. Somit müssen auch keine Geister gesucht werden, außer vielleicht die eigenen.

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